Nachhaltigkeit im Fokus vieler Vorsorgeeinrichtungen: Stranded Assets vermeiden

Die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen stehen vor der Herausforderung, ihre Anlagestrategien an die drängenden ökologischen Anforderungen anzupassen. Die Notwendigkeit, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, zwingt dazu, Nachhaltigkeitskriterien tief in die Entscheidungsfindung zu integrieren. Dabei ist die Umwandlung von Nachhaltigkeit in eine messbare Grösse vor allem aufgrund der aktuellen Datenlage und der Vielfalt von Zertifikaten anspruchsvoll.

Die Branche fokussiert sich derzeit auf die Reduktion von CO2-Emissionen als gemeinsamen Nenner für Nachhaltigkeitsbestrebungen. Die Notwendigkeit für aussagekräftige Daten und Analysen bleibt bestehen. «Die gegenwärtige Datenlage und die Vielfalt der Zertifikate und Standards machen diese Aufgabe anspruchsvoll», betont Ramon Scussel, Head Investment Products bei Avobis. Die Verschiebung hin zu nachhaltigen Anlagen verändert die Portfoliozusammenstellung und macht sie zunehmend komplex. Finanzielle Überlegungen müssen nun durch ökologische Ziele ergänzt werden. Objekte, die schwer zu sanieren sind, verlieren an Attraktivität, während nachhaltige Immobilien bevorzugt werden. Dies führt zu einem steigenden Interesse an nachhaltigkeitskonformen Investitionsobjekten und Anlagegefässen, die sowohl rentabel als auch im Einklang mit den umweltbedingten Anlagezielen sind.

Trotz der gesteigerten Komplexität und höheren Kosten zeigen Studien, dass nachhaltige Immobilien zu besseren Renditen führen können. Höhere Mieteinnahmen, niedrigere Nebenkosten und ein effizienterer Kapitalisierungssatz tragen zu höheren Nettoerträgen bei. Diese nachhaltigen Immobilien weisen zudem einen höheren Vermietungsgrad, geringere regulatorische Risiken und eine effizientere Abnutzung auf, was den Gesamtwert der Immobilie weiter steigert. «In den nächsten Jahren wird es durch verschärfte Regulierungen immer schwieriger werden, nicht ESG-konforme Liegenschaften für akzeptable Preise zu veräussern und so das Problem der Neupositionierung auszulagern», sagt Ramons Scussel.

Die qualitative Einschätzung aus der Praxis: Der Weg zu ESG-Konformität

Um einen Einblick in die praktische Umsetzung zu erhalten, lohnt es sich, einen Blick auf das ESG-Reporting in der Praxis zu werfen. Der ASIP Schweizerischer Pensionskassenverband hat einen ESG-Reporting Standard für Pensionskassen veröffentlicht, der seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist. Diese Vorgabe erwartet von Pensionskassen, dass sie erstmals für das Geschäftsjahr 2023 die enthaltenen Nachhaltigkeitskennzahlen publizieren. Diese Standardisierung schafft eine Vereinheitlichung, die es ermöglicht, die Datenqualität der Pensionskassen in Bezug auf ESG-Kennzahlen zu einzuschätzen.

Insbesondere bei direkten und indirekten Immobilienanlagen haben sich Portfolioratings von GRESB etabliert. Auf Objektebene kommen in der Schweiz verschiedene Zertifikate wie Minergie, SNBS, 2000 Watt Areal oder DGNB zur Anwendung. Hier besteht jedoch noch Bedarf an einer Vereinheitlichung, um die verschiedenen Standards und Ratings vergleichbar zu machen. «Es ist für alle institutionellen Anlegern von zentraler Bedeutung, dass die Bestände auf die Zukunft ausgerichtet werden, um nicht unter Zeitdruck zu geraten oder gar ‹Stranded Assets› zu riskieren», so Ramon Scussel.

Die grösste Herausforderung liegt weiterhin in der Datenqualität und -beschaffung. Institutionelle Anleger betonen nach wie vor die Bedeutung von ESG-Konformität, was sich in der steigenden Nachfrage nach Finanzprodukten mit ESG-Labeln zeigt. Das aktuelle Zinsumfeld führt dazu, dass weniger Kapital in den Immobilienmarkt fliesst. Dies wiederum treibt die Veränderungen in den Immobilienportfolios von Pensionskassen, Fonds und Anlagestiftungen voran, um intrinsischen Wert zu schaffen und die Bestände auf die Zukunft auszurichten.

In den nächsten Jahren wird es durch verschärfte Regulierungen immer schwieriger werden, nicht ESG-konforme Liegenschaften zu akzeptablen Preisen zu veräussern. Die Neupositionierung wird somit zu einem zentralen Anliegen, um Stranded Assets zu vermeiden. Der Fokus auf ESG wird sich in der Praxis weiter verstärken, da die Implementierung von Standards und die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten wachsen. Die Entwicklungen in den nächsten fünf Jahren werden entscheidend sein, um eine nachhaltige Transformation in der Branche zu gewährleisten.

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