Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sind auf eine barrierefreie Bauweise angewiesen – doch treffen sie im Alltag immer noch auf zahlreiche Hindernisse. Die Situation dürfte sich in den nächsten Jahren aufgrund der alternden Bevölkerung zuspitzen.
Seit Jahrzehnten kämpfen sie um barrierefreie Gebäude und Verkehrsmittel. Die Rede ist nicht von den älteren Mitmenschen, sondern von jenen Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen oder auf andere Weise in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. 2004 trat in der Schweiz das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft, das Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen beseitigen soll. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Barrierefreiheit. Zwar wurde in den letzten zehn Jahren einiges umgesetzt, vor allem bei öffentlichen Bauten und im öffentlichen Verkehr. Doch weil der Altbaubestand so hoch ist, bestehen noch viele Hürden – buchstäblich. Ob Treppen ohne Rampe, zu enge Durchgänge und Schwellen oder fehlende Handläufe, gehbehinderte Menschen treffen gerade in älteren und in privaten Gebäuden auf zahlreiche Hindernisse.
Von Barrierefreiheit profitieren auch alte Menschen
Von einer behindertengerechten Architektur profitiert auch die ältere Generation – und damit eine wachsende Bevölkerungsgruppe. Die Schweiz wird älter. Dafür sorgt vor allem die grosse Gruppe der «Babyboomers», die geburtenstarken Jahrgänge nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er-Jahre. Für sie wird Barrierefreiheit zum Schlüssel für Mobilität. Dabei entscheiden oft Details darüber, ob ein Gebäude zugänglich und sicher nutzbar ist. Schon eine einzelne Stufe kann einer Person im Rollstuhl den Zugang verwehren – und eine Schwelle erhöht die Unfallgefahr für Menschen, die nicht mehr gut gehen können. Doch ist das Problem mitnichten nur auf Altbauten beschränkt. Selbst bei Sanierungen ist es nicht selbstverständlich, dass ein Projekt auf die Bedürfnisse älterer und gehbehinderter Menschen untersucht wird.
Ein prominentes Beispiel: der Sechseläutenplatz in Zürich. Er wurde 2013 umgestaltet und mit einem Belag aus Valser Quarzit versehen. Robust genug, um die zahlreichen Veranstaltungen wie Sechseläuten oder Weihnachtsmarkt schadlos zu überstehen. Doch ein vermeintlich kleines Detail sorgte für viel Ärger: die Kante zwischen altem und neuem Belag. Sie wurde für zahlreiche Leute zur Stolperfalle und war gerade für ältere Menschen kaum erkennbar. Immerhin reagierte die Stadt Zürich rasch und schaffte einen sanfteren Übergang anstelle der Kante.
Eine stufenlose, helle und sichere Umgebung
Wie sieht eine altersgerechte Architektur allgemein aus? Was muss sie leisten, damit sich auch gehbehinderte Menschen Zugang zu einem Gebäude haben und sich darin wohlfühlen? Barrierefreiheit bedeutet: Das Gebäude und seine Räumlichkeiten müssen ohne Stufen zugänglich sein sowie über ausreichend breite und schwellenlose Türen und Flure verfügen. Hinzu kommen eine gute Beleuchtung und – gerade im öffentlichen Raum – klare Orientierungshilfen, zum Beispiel in Form von gut verständlichen Beschriftungen. Ältere Menschen benötigen ausserdem eine sichere Umgebung, etwa in Form von rutschfesten Böden, Handläufen an Treppen und Rampen sowie Sitzgelegenheiten, um sich ausruhen zu können.
Wohnkomfort im Alter
Altersgerechte Architektur geht aber noch weiter: In Wohnräumen wichtig sind schwellenlose Badezimmer, etwa in Form einer ebenerdigen Dusche mit ausreichend breiter Öffnung. Höhenverstellbare Arbeitsflächen in der Küche, automatische Türöffner und gut erreichbare Schränke sind weitere Beispiele für Wohnkomfort im Alter. Bei der Planung von Neu- und Umbauten sollten die Anforderungen älterer Menschen berücksichtigt werden – selbst dann, wenn die Wohnungen nicht spezifisch altersgerecht werden sollen. Von barrierearmen Räumlichkeiten profitieren auch alle anderen – insbesondere Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sowie Familien mit kleinen Kindern.
Wohnen für alle Generationen
Altersgerechtes Wohnen sollte in jeder Immobilienentwicklung und Sanierung ihren Platz haben. Nicht umsonst ist eine gute soziale Durchmischung das Ziel jeder nachhaltigen Siedlungsplanung. Sie sorgt für eine lebendige Nachbarschaft, die sich vor Ort engagiert. So sollen sich ältere Einzelpersonen oder Paare in einer Überbauung genauso wohl fühlen wie Familien und Wohngemeinschaften. Beispiel für gelungene Projekte sind das Mehrgenerationenhaus Giesserei in Winterthur, das Generationenhaus Heizenholz in Zürich oder das Netzwerk Sonnmatt in Willisau.
Kontaktperson
Brandschenkestrasse 38
8001 Zürich