«Ich bin überzeugt, dass man gemeinsam stärker und smarter ist als allein»

Bild Thomas Abegg Querfomat

Dieses Jahr feiert Avobis sein 25-jähriges Bestehen. Gründer und Verwaltungsratspräsident Thomas Abegg wirft im Interview einen Blick zurück auf 25 erfolgreiche Jahre, teilt seine Erfahrungen, Highlights und Stolpersteine und erzählt, welche Ziele Avobis in Zukunft verfolgt.

Herr Abegg, vor 25 Jahren haben Sie zusammen mit Marco Rodrigo die Rodrigo & Abegg Immobilien AG gegründet, welche 2016 – nach weiteren Firmenübernahmen und Zusammenschlüssen – zur Avobis Group AG wurde. Woher kam der Wunsch, sich selbstständig zu machen?

Es war eine spannende Zeit damals. Ich war so alt wie Avobis heute und hatte für mein Alter bereits erfolgreich Karriere machen können. Vor allem dank der Immobilienkrise wurde mir bereits eine grosse Verantwortung übertragen, ich durfte gestalten. Zugleich konnte ich mir eine Karriere im engen Korsett einer Grossbank nicht vorstellen. Mein Unternehmer-Instinkt und die Vision, dass im Immobilien- und Hypothekar-Geschäft sehr viel Potential lag, trieben mich an. Vor allem aber wollte ich den Kunden viel stärker ins Zentrum stellen. Marco Rodrigo war seinerzeit mein Chef; wir waren ein gutes Team mit ähnlichen Ideen, aber komplementären Kompetenzen und Persönlichkeiten. Und so machten wir uns gemeinsam selbständig. Das war der Anfang von Avobis, und ich bin noch immer genauso motiviert und begeistert wie damals.

Mit welcher Vision gründeten Sie Avobis und wie hat sich diese Vision über die Jahre verändert?

Die Grundstrategie ist im Grossen und Ganzen dieselbe geblieben. Wir wollten ein Öko-System aufbauen, bei dem der Kunde im Zentrum steht. Das hat sich nicht geändert. Zugleich entwickeln sich unternehmerische Visionen weiter und werden dank Erfolgen ehrgeiziger. Seit jeher adaptieren sich erfolgreiche Strategien an Kundenbedürfnissen, ohne die Grundstrategie in Frage zu stellen; wir müssen zuhören, am Puls bleiben und Chancen antizipieren. Dabei sollte auf strategische Leitplanken Verlass sein; und das haben wir geschafft, wie unser Image-Film von vor 20 Jahren plausibel zeigt. Und schon damals haben wir Werte positioniert, die Avobis bis heute ausmachen: Nachhaltigkeit, Erfahrung, Innovation, Perfektion – und unser ganzheitlicher Ansatz. Aktuell nennt man das Öko-System und Integration, Konzepte, die uns dazumal schon antrieben.

Innovation war Ihnen schon vor 25 Jahren wichtig, als die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung noch nicht mal Zugang zum Internet hatte. Weshalb?

Das stimmt. Für mich persönlich ist Innovation Motivation und Antrieb. Für Avobis war und ist Innovation match-entscheidend. Wir hatten bei der Gründung Visionen und Energie, waren hungrig und begeistert und wollten den Immobilienmarkt in der Schweiz revolutionieren. Und obwohl digital damals ein Fremdwort war, das nur Programmierer kannten, setzten wir als einer der ersten der Branche darauf. Auf unsere erste Homepage, die ImmoPage, waren wir sehr stolz! Ich erinnere mich noch gut, als Marco Rodrigo und ich seinerzeit auf Kundebesuch gingen: Wir hatten einen grossen Beamer im Rollkoffer und die Leinwand unter dem Arm, um unseren Image-Film zu präsentieren. Wir waren überzeugt, dass die Immobilienbranche vor allem durch Innovation und Digitalisierung bewegt werden kann und dass Innovation von der konstruktiven Auseinandersetzung mit Kunden und deren Realität profitiert. Ohne Innovation geht es nicht – und zwar in allen Unternehmensbereichen, auch im Kleinen.

Auf welchen Erfolg der letzten 25 Jahre sind Sie besonders stolz, und was war für Sie der grösste Stolperstein in der Geschichte von Avobis?

Auf die Gründung per se sowie auf unsere ersten Kunden waren wir natürlich mächtig stolz. Aber der effektive Erfolg unserer Kunden ist das echte Highlight jeden Unternehmertums. In meinen Augen erreichten wir 2009 einen echten Meilenstein: Damals lagerte die Swiss Life das gesamte Hypotheken-Servicing an Avobis aus. Das war mutig, weil das Volumen unsere Kapazitäten enorm herausforderte. Zugleich wusste ich, dass ich mich auf das Team verlassen konnte und sie das begeistert mittragen. Das war immer so. Darum bin ich auch nicht der Typ Mensch, der in Stolpersteinen denkt. Klar stolpert man mitunter, aber dann steht man auf und macht weiter – als Unternehmer sowieso. Vielleicht waren die grössten Stolpersteine die Bauklötze von Marco Rodrigo’s Sohn, über die ich buchstäblich gestolpert bin und dank derer wir unser erstes Logo entwickelt haben.

Inwiefern hat sich aus Ihrer Sicht die Immobilienbranche in den letzten 25 Jahren verändert? Wie konnte resp. kann Avobis davon profitieren?

Die Branche ist sowohl traditionell und träge als auch innovativ und im Wandel. Besonders wichtig sind für uns die Mega-Trends, die müssen wir frühzeitig adressieren.
Gesellschaftliche Entwicklungen wie die zunehmende Individualisierung, also der Wunsch nach neuen, flexiblen Lebensmodellen und Wohnformen, haben die Immobilienbranche ebenso verändert wie New Work und Silver Society. Die anhaltende Urbanisierung erfordert zusätzlichen, bezahlbaren Wohnraum, was eine Herausforderung bleiben wird. Die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden darüber hinaus immer relevanter und bieten enorme Chancen, die wir nutzen werden.
Darüber hinaus ist der Wertbeitrag des niedrigeren Zinsniveaus vorbei; es stellt sich aktuell die Frage, wie lange sich der Level seitwärts bewegt und wann die Zinsen wieder steigen. Das heisst, wir müssen neuen Mehrwert finden bzw. schaffen.

Wie möchten Sie das erreichen?

Wir sind auf Kurs, unsere organische Wachstumsstrategie konsequent umzusetzen. Nachdem wir unser Portfolio 2021 komplettiert haben, sind wir ein integrierter und unabhängiger Immobiliendienstleister. Mit der Akquisition von VERIT Immobilien ist Avobis darüber hinaus schweizweit präsent. Das macht uns stark. Wir sind zudem überzeugt, dass die Kombination von traditionellen Dienstleistungen mit innovativen Produkten und Daten unseren Kunden einen Mehrwert generieren können. Daher haben wir unser Geschäft auf die Säulen unserer vier Dienstleistungen gestellt: Advisory, Entwicklung, Bewirtschaftung und Finanzierung. Diese Säulen kombinieren wir mit unserer Innovations-Power, bestehend aus unserer Daten-Plattform und unseren Ausgründungen, als Beispiel die Immobilien-Matching-Plattform Property Captain. Avobis hat die umfassendste Immobilien-Datenbank der Schweiz mit rund 8 Milliarden Datenpunkte; und wir investieren auch in Zukunft in Innovation und Digitalisierung. Zudem sind wir Gründungspartner des Constructive Venture Funds (früher Swiss Immo Lab), für den wir Start-ups suchen, die den Kriterien des Öko-Systems in Immobilien und unserem Innovationsanspruch genügen.

Weshalb haben Sie sich für eine Co-CEO-Struktur entschieden? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den beiden CEOs?

Wir sind ein starkes Team, und die beiden CEOs ergänzen sich optimal. Avobis profitiert von einer konstruktiven Partnerschaft im Sinne von 1 + 1 = 3, denn ich bin überzeugt, dass man gemeinsam stärker und smarter ist als allein. Wir verbinden so Kundenfokus, Technologie und Innovation auf CEO-Ebene; das ist ziemlich einmalig. Und übrigens nicht neu; wir haben schon bei der Gründung gute Erfahrungen mit einer Doppelspitze gemacht. Und sind dadurch sicher agiler als andere, weil wir weniger Schnittstellen haben.